Exkursion ins Elsass
Am 12. und 13. September 2023 unternahmen die Mitglieder des Dokumentationszentrums Kannenbäckerland – DZK und des Vereins „Keramik Erleben“ aus Ransbach-Baumbach einen gemeinsamen Besuch der elsässischen Töpferorte Betschdorf und Soufflenheim, die früher zu den Regionen Elsass und Lothringen und seit 870 zum Ostfränkischen Reich gehörten. Wie überall bestanden auch hier verschiedene reichsstädtische, geistliche und reichsständische Territorien. Von 1871 bis 1918 war das Elsass-Lothringen Verwaltungsgebiet des Deutschen Reiches und unterstand als Reichsland unmittelbar dem Deutschen Kaiser. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Region an Frankreich, wodurch das Elsässische und insbesondere das Lothringische als Muttersprache immer mehr an Bedeutung verloren und heute kaum noch gesprochen werden.
Bereits 1717 verließen die ersten Töpfer aus dem Westerwald ihre Heimat und wanderten in diese Region. Sie verbreiteten insbesondere in Betschdorf die Technik der Salzglasur. Unter den damals niedergelassenen Töpfern findet man bekannte Namen wie: Spitz, Wingerter, Wilms und Blum. 1724 kamen die Töpfermeister Krumeich, Gerhard, und Knötgen hinzu. Außerdem sind in dieser Zeit noch weitere Töpferfamilien dort eingewandert: Darunter Arnold, Remmy, Gelhard, Corzilius, Braun, Wingender und Kleudgen.
Am vereinbarten Zielort trafen wir uns mittags zu einem kleinen Picknick und besuchten als erstes das Töpfermuseum in Betschdorf, welches sich in einem Fachwerkhaus aus dem frühen 18. Jahrhundert befindet, ehemals ein Bauernhof mit Nebengebäuden. Dort wurden wir herzlich empfangen und mit einer Filmvorführung über die Elsässer Tonvorkommen und Töpferbetrieben informiert. Anschließend konnten wir nach einer ausführlichen Einleitung durch die Museumsführerin per Audioguide die Räume des Museums mit ihren beeindruckenden historischen grau-blauen Gefäßen bewundern. Im Verlauf der neun Ausstellungsräumen werden die Ursprünge und die Entwicklung des traditionellen Handwerks vorgestellt. Neben den in erster Linie gezeigten täglichen Gebrauchsgegenständen, ist die künstlerische Dimension stets präsent, oft mit einer erstaunlichen Symbolik. Auch überrascht die große Vielfalt der Produktionen infolge der sich häufig ändernden Bedürfnisse und Geschmäcker. Ergänzt wird die Führung durch Informationen über die Techniken und Tradition des Handwerks. Etliche Töpferdynastien haben die Szene belebt und ihr Wissen bis heute weitergegeben. Eine nachgebaute Töpferwerkstatt, eine Videoprojektion, die die verschiedenen Etappen der Herstellung eines Gefäßes nachzeichnet und wechselnde Kunstausstellungen vervollständigen diesen ebenso außergewöhnlichen wie beeindruckenden Rundgang.
Nach dem Museumsbesuch wurden wir bereits in der Töpferei Schmitter erwartet, eine der beiden letzten Töpferwerkstätten in Betschdorf, wie sie uns aus alter Zeit mit typischer salzglasierter Ware bekannt ist. Die Töpferei Schmitter wurde 1844 gegründet und besteht heute in siebenter Generation. Wir bedanken uns bei dem Jungen Ehepaar Schmitter und ihren Mitarbeitern für ihren freundlichen Empfang und deren ausführlichen Führung durch ihre Werkstatt (siehe großes Foto) und Ausstellungsräume. Den Abend ließen wir im Übernachtungshotel in der Nähe von Hagenau bei einem elsässischem Sauerkraut-Menu (La Choucroute Royal) ausklingen und resümierten bis zu später Stunde das Gesehene und Erlebte des Tages.
Am nächsten Tag besuchten wir den Ort Soufflenheim, der eine Töpfertradition bis zurück ins 8. Jahrhundert nachweisen kann. In der späten Neuzeit erfuhr die Töpferei einen Niedergang. Während im 19. Jahrhundert noch 30 Gemeinden in der Region von diesem Handwerk lebten, sind es heute nur noch die beiden bekannten Gemeinden Soufflenheim und Betschdorf. Bis 1837 gab es in Soufflenheim noch etwa 600 Beschäftigte in 55 Töpferbetrieben. Heute sind es immerhin noch etwa 100 Beschäftigte in zehn Betrieben. Die traditionelle Farbe der Soufflenheimer Keramik war Rostbraun, die Farbe des Tons, mit weißem Margeritendekor und dem Wahrzeichen der Stadt, dem Storch. Heute wird mit Rücksicht auf den diversifizierten touristischen Geschmack auch Ware in Blau, Grün, Beige und Rot in unterschiedlichstem Dekor hergestellt, entweder abstrakt mit geometrischen Mustern oder bildlich mit Weinreben, Pflanzen, Blüten und Tieren. Zu den typischen Produkten zählt natürlich die „Kougelhof-Form“ und die Schneckenpfännchen. Alle Betriebe besitzen die Zugehörigkeit zur „Confrérie des Artisans Potiers de Soufflenheim“, welche die tatsächliche Herkunft der Waren aus der Gemeinde garantiert.
Hier wurden wir nun in der Firma Beck von Marc Elchinger empfangen, der dankenswerterweise die Betriebsbesichtigung übernahm. Marc Elchinger studierte in dritter Generation in Höhr-Grenzhausen Keramik. Sein Großvater Leon Elchinger, dessen Werke im Ort allgegenwärtig sind, war ein international renommierter Keramiker, der 1878/1879 einer der ersten Schüler der Fachschule in Höhr war. Die Keramikfirma Beck stellt größtenteils industriell geformte Artikel her, dekoriert mit traditioneller Hörnchenmalerei. Gebrannt wird die Ware in speziellen Haubenöfen bei 1060°C. Es begrüßte uns dann auch der Firmenchef Rene Beck und seine Frau, die uns mit Stolz darauf hinwiesen, dass ihre drei Töchter alle im Betrieb mitarbeiten. Es entstanden mancherlei fachliche Diskussionen zu den einzelnen Arbeitsprozessen und wir bedanken uns für die ausführlichen Erläuterungen und Demonstrationen in den weitläufigen Produktionshallen.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen in einem alten Gasthof in Soufflenheim traten wir die Heimreise mit vielen Eindrücken und neu erworbenem Wissen an. Unser besonderer Dank gilt Annette Zeischka-Kenzler, die uns mit dem vom Keramikmuseum freundlicherweise zur Verfügung gestellten Kleinbus souverän chauffiert hat!
Gemeinsam in der Töpferei Schmitter (Text und Bilder:Ronald Giefer)